Sonntag, 2. Oktober 2011
Jedes fünfte Paar!
Mittwoch, 27. Juli 2011
Der schwarze Rucksack
Fortsetzung folgt!
Montag, 25. Juli 2011
Der fliegende Teppich
Fortsetzung folgt!
Sonntag, 24. Juli 2011
Hormone on Tour
"Scheiße, hab' ich auch die Spritzen für das Merional eingepackt?" Panik. Ich wühle im dunklen Taxi in meinem schwarzen Rucksack nach den dringend benötigten Utensilien und finde nur drei mal den gleichen Kugelschreiber. Ah, jetzt fällt es mir wieder ein. Ich hatte ja die Spritzen in die Decapeptyl-Schachtel gestopft. Puh!
Am Flughafen angekommen erwartet mich mein nächster persönliche Krimi. Bekomme ich die Hormone im Handgepäck durch die Sicherheitskontrolle? Mein Deo, die Zahnpasta und das Shampoo habe ich brav in den 1-Literbeutel gepackt. Der Beutel, mein Laptop und mein Gürtel fahren gemächlich auf dem schwarzen Förderband der Röntgenkontrolle entgegen. Dahinter schließt sich mutig mein Rucksack mit den Hormonen an. Angespannt schreite ich durch den Metalldetektor, der natürlich piepst. Das macht er immer, wegen meines BHs und dem Metallknopf an meiner Jeans. Während eine rabiate Dame routiniert meinen Körper abtastet, sehe ich wie mein Rucksack im Röntgengerät verschwindet. Ich starre auf das Gesicht des Kontrolleurs am Bildschirm. Es bleibt ungerührt. Kein Augenzwinkern, kein Stirnrunzeln, keine Lippenzucken. Zehn Sekunden später nehme ich mein Gepäck in Empfang. Wir sind durch!
Die Stewardessen im Flieger sind sehr nett aber auf die Kühlung von Medikamenten nicht vorbereitet. Einen Kühlschrank gibt es im Flugzeug nicht, teilt man mir mit einem strahlenden Lächeln mit. "Ja, und jetzt?", frage ich. "Haben Sie kein Eis?" Doch, Eis hätten sie schon, und man könne die Medikamente ja in eine Plastiktüte mit Eis geben. "Ja, genau!" gebe ich zurück, als ich den letzten Pfennig des Groschens noch fallen höre.
Während des Fluges versuche ich ein wenig zu schlafen. Jedesmal kurz bevor ich einnicke, weckt mich der Gedanke auf, dass ich bloß die Medikamente nicht im Flugzeug vergessen darf. Entspannung sieht anders aus, aber die Medikament vergesse ich auf diese Weise nicht. Kurz vor der Landung bekomme ich sie von den charmanten Damen zurück, wickle sie in das Zeitungspapier und stopfe sie wieder in meinen Rucksack. Mein Sitznachbar schenkt mir einen mitleidigen Blick. Was denkt er wohl?
Als ich aus dem Flughafengebäude gehe, trifft mich der Schlag. Kairo im Juli bedeutet Hitze. Mit dem Gedanken an meine sensible Fracht, steuere ich direkt den Taxistand an. Türkischer Honig und Pyramiden-Magneten in den Souvenierläden müssen warten bis ich zurückkomme! Ich schwinge mich in ein Taxi und gebe die Adresse meines Hotels an. Google Maps verrät mir, dass es vom Cairo Internation Airport etwa 39 Kilometer bis zu Hotel sind. Das müsste doch in 30 Minuten zu schaffen sein.
Eine halbe Stunde später bin ich nicht im Hotel sondern stehe im Stau. Es geht weder vor noch zurück. "Es ist doch Sonntag." denke ich, aber dann fällt mir ein, dass Sonntag in Ägypten ein Werktag ist. Erst nach einer Stunde stehe ich an der Rezeption meines Hotels. Wieder warte ich. Der Minibar-Kühlschrank ist schon so nah, aber die Autorisierung meiner Kreditkarte ist bereits zum dritten Mal fehlgeschlagen. Ich lege den empörtesten Gesichtsausdruck aus meinem Repertoire auf und es funktioniert. Man gibt mir ein Zimmer und bittet mich die Autorisierung am Abend nach zu holen. Zirka sieben Stunden nachdem die Hormone ihr zu Hause verlassen haben, kann ich sie endlich in den sicheren Hafenkühlschrank einschiffen. Es ist geschafft! Ich lasse mich auf mein Bett fallen und jetzt erst sehe ich den bombastischen Ausblick aus meinem Fenster auf den Nil und über Kairo.
Fortsetzung: Der fliegende Teppich!
Donnerstag, 21. Juli 2011
Leichen im Kühlschrank
Fortsetzung: Hormone on Tour.
Montag, 18. Juli 2011
Arschkalt!
Fortsetzung (Leichen im Kühlschrank)
Freitag, 15. Juli 2011
Der Spritzen-Auftakt
Nach einer Stunde und zehn Minuten bin ich dran. Meine Frauenärztin hat mich nicht mehr gesehen, seitdem sie uns im letzten Jahr die Kinderwunschklinik empfohlen hat. Sie hört sich ruhig die Tortur der letzten drei Behandlungen an, erfährt über die Unterschiede der Deutschen und Österreichischen Gesetze und ist schließlich bereit beim Auslandsversuch mitzuspielen. Ihr Job ist es heute, mich auf Zystenlosigkeit zu überprüfen. Ich komme mir schon fast selber wie ein Arzt vor. Ein Hobby-Arzt, der leider kein Ultraschallgerät zu Hause hat und deshalb herkommen muss. Die Untersuchung verläuft gut. Meine Eierstöcke sind zystenfrei. Das bedeutet, dass ich ab morgen mit den Decapeptyl-Spritzen für die Downregulierung beginnen kann.
Der nächste Termin ist erst in über zwei Wochen. Ebenfalls bei meiner Frauenärztin in Deutschland. "Wenn ich wiederkomme, kann ich hoffentlich ganz viele Follikel vorweisen." Mit diesen Worten verabschiede ich mich von ihr und bekomme ein aufmunterndes aber kühles Lächeln zurück. So richtig viel Zeit hat sie sich nicht für mich genommen. Ich überlege, ob ich das einem männlichen Kollegen übel genommen hätte. Wahrscheinlich! Während ich meine Einstellung zu männlichen Gynäkologen überdenke, kommt die nächste Patientin ins Wartezimmer. Es ist nicht einmal mehr ein Sitzplatz für sie frei.
Fortsetzung: Arschkalt!
P.S. Ja, ich weiß das Ergebnis schon. Wenn ich es Euch aber jetzt schon mitteile, kann ich nicht mehr wirklich gut darüber schreiben. Sorry. Bitte habt Geduld.
Montag, 11. Juli 2011
Embryonenschutzgesetz-Dynamit
Ich krame nochmal die Bestätigung der österreichischen Klinik an meine Krankenkasse raus. "Bei Herrn und Frau Fruchtig, ist die Behandlung nach Deutschen Gesetzen geplant." Mist! Dann fällt mir der Vertrag der Klinik in die Hände, den Noerd und ich unterschrieben haben. Der letzte Absatz wiederspricht im Fettdruck: "Für Deutsche Paare: Wir sind ausdrücklich damit einverstanden, dass die Behandlung nach österreichischem Gesetz durchgeführt wird. Sollten unsere Krankenkassen in Deutschland deshalb die Zahlung verweigern, kommen wir für die kompletten Behandlungskosten selbst auf." Ich bin verwirrt. Noerd, der sich im Badezimmer schlaftrunken rasiert, ebenfalls. Wir entscheiden uns nach einem starken Kaffee die Klinik in Wien anzurufen.
"Kinderwunschklinik, guten Morgen."
"Ehepaar Fruchtig hier, guten Morgen Frau Schilcher! Wir möchten in ein paar Tagen die Hormonbehandlung beginnen, haben aber noch eine Frage zum Embryonenschutzgesetz."
"Ja, hallo Frau Fruchtig. Fragen's nur." wienert Frau Schilcher freundlich zurück.
"Sie haben uns bestätigt, dass die Behandlung nach Deutschen Gesetzen geplant ist. Aber im Vertrag steht, dass sie ausschließlich nach Österreichischen Gesetzen behandeln."
Das scheint für Frau Schilcher nicht wiedersprüchlich zu sein, denn sie antwortet mit einem knappen "Ja, genau."
"Ja, aber wie wird denn nun behandelt? Nach Deutschem oder Österreichischem Recht?" Diese Frage ist unausweichlich klar.
"Nach Österreichischem." kommt es etwas zögerlich zurück.
"Aha. Sehr gut." antworte ich "Das wollen wir ja auch. Das heißt alle befruchteten Embryonen werden bis zum Blastozystenstadium weiterkultiviert."
"Ja, genau."
Noerd nickt mir erleichert zu.
"Das heißt aber auch, dass wir unsere Krankenkasse anschummeln?"
Nach dem dritten, jetzt leiseren "Ja, genau." wird mir klar, dass dieses Thema auch für Frau Schilcher etwas heikel ist. Ich wundere mich, dass sie uns diese brisante Auskunft überhaupt am Telefon gibt, obwohl wir uns noch nie persönlich gesehen haben. Wir könnten ja auch von der Presse sein oder verdeckt für eine Deutsche Krankenkasse ermitteln. Schließlich fügt Frau Schilcher noch hinzu:
"Falls die Krankenkasse nach der Behandlung noch Fragen hat, wird sie sich sowieso an Sie richten und nicht an uns."
"Hm, das verstehe ich nicht. Was meinen sie damit?"
"Na, dass die Krankenkasse Sie nach der Behandlung eventuell noch einmal anschreibt. Sie würde nie mit uns direkt in Kontakt treten."
"Aha, und je nach Verlauf geben Sie dann Auskunft über die Behandlung."
"Ja, genau."
"Ok, danke erstmal, Frau Schilcher. Uns war vor allem wichtig, dass Sie die besten Embryonen für den Transfer aussuchen."
"Ja, gern. Frau Fruchtig. Bitte rufen Sie uns an, wenn Ihre Regel einsetzt, damit wir die Behandlung hier vorort einplanen können."
"Mach, ich." gebe ich erleichert heiter zurück. "Am Freitag fange ich mit der Downregulierung an. Der erste Zyklustag wird dann so um den 23./24. Juli liegen." Wow, ich habe meinen Biorythmus im Kopf, was!
"Ok. Dann bis ..."
Während Frau Schilcher sich freundlich verabschiedet, fällt mir ein, dass ich dringend einen Termin bei meiner Frauenärztin für kommenden Freitag machen muss. Mein Behandlungsplan sieht am 20ten Zyklustag einen Ultraschall vor, bei dem ich auf Zysten untersucht werden muss. Nach dem ich auch das telefonisch erledigt habe, setzte ich mich mit Noerd nochmal in Ruhe an den Frühstückstisch zurück.
Er sagt "Na, dann ist ja alles gut." und lächelt mich an.
"Ja." antworte ich und versinke verliebt in seine schönen, braunen Augen.
"Das mit den Gesetzen ist ja irgendwie ein Witz."
"Hm, ja."
"Wer belügt dann eigentlich die Deutsche Versicherung. Wir oder die Klinik?"
"Gute Frage."
"Nicht, dass wir hinterher einen Versicherungsbetrug am Bein haben."
"Darüber habe ich noch gar nicht nachgedacht." Bei dem Gedanken darab wird mir schlecht.
"Oder sind wir sowieso schon kriminell, weil wir für die Behandlung ins Ausland gehen?"
"Ich kenn mich in diesen rechtlichen Sachen nicht so aus."
Beiderseitiges Schweigen.
"Ich glaube, wir stellen uns besser darauf ein, dass wir diesen Versuch komplett selbst zahlen müssen." sagt Noerd schließlich, worauf er von mir nur ein versunkenes Nicken zurück bekommt. Ich fühle mich wie auf einer steilen Rodelbahn, die ich zu schnell hinabbrause, obwohl ich nicht weiß, was hinter der nächsten Kurve kommt.
Fortsetzung: Der Spritzenauftakt.
Donnerstag, 7. Juli 2011
Die Kinderwunsch-Zwangsjacke
Als ich den 24., 25. und 26. Juli 2011 in meinem Firmen-Kalender als "out-of-office" eintrage, fällt mir ein, dass ich dringend auch meinen Wien-Urlaub beantragen muss. Aber von wann bis wann? Die genauen Daten weiß ich leider erst, wenn meine Periode einsetzt. Das ist meist nach 26 bis 28 Tagen. Ich stelle mir das Gesicht meines Chef's vor, wenn ich ihm sage: "Ich hätte gerne ungefähr vom 1. oder 3. August bis zum 9. oder 11. August Urlaub. Geht das?" Seine Fragen, die darauf folgen, möchte ich erst recht nicht beantworten. Ich entscheide mich notgedrungen zwei ganze Wochen Urlaub zu nehmen, also vom 1. bis 12. August. Was für eine Verschwendung!
Nachdem ich meinen Urlaubsantrag ausgefüllt habe, bestelle ich mir im Internet den Kultur(-schock)führer für Ägypten. Die Stellung der Frau in Ägypten interessiert mich und ist für das Geschäftstreffen sicher lebenswichtig. Auf der Web-Seite des Auswärtigen Amts informiere ich mich über die Sicherheit in Ägypten. Seit dem Sturz von Mubarak im Januar ist es ruhiger im Land. Gut! Zufällig entdecke ich, dass die Pyramiden in einem Stadtteil von Kairo stehen. Ich dachte immer, man müsste ein paar Tage auf Kamelen durch die Wüste reiten, um sie zu sehen. Dann kann ich mir dieses Weltwunder ja wirklich ansehen! Das Reisefieber hat mich gepackt. Juhu, es gibt mein Leben - trotz Kinderwunsch - noch!
Fortsetzung: Embryonenschutzgesetz-Dynamit
Dienstag, 5. Juli 2011
Das unerwartete Angebot
"Ja, natürlich." schießt es aus meinem nickenden Gesicht. Sonst schickt er mich nach Hintertupfingen und nach JDW; dieses Reise-Schmankerl, das er mir gerade anbietet, ist normalerweise Chefsache.
"Gut, vielen Dank. Am 25. Juli ist nämlich mein fünfter Hochzeitstag."
"Aha. Glückwunsch."
"Dann mache ich den Termin fest."
Beim "Ja, gern." dämmert mir bereits Schlimmes.
"Schön." sagt er im Umdrehen und geht mit zufriedenen klappernden Schuhsohlen zurück in sein Büro.
Sofort öffne ich per Doppelklick den Behandlungplan von Dr. Kaiser. "Hoffentlich, ist der Termin noch vor der Hormonbehandlung."
*Entschuldigt bitte, liebe Würselen-Fans und Beheimateten.
** Rhein-Tour = In jede Kneipe mal 'rein', ein Bierchen trinken und schau'n was passiert.
Donnerstag, 30. Juni 2011
Der EU-Hormon-Express
"Hallo, Franka Fruchtig hier. Ich rufe auf Empfehlung von Dr. Kaiser in Wien an und möchte gerne verschiedene Medikamente bei Ihnen bestellen."
"Ja, gern." antwortet die Dame in gut verständlichem Deutsch "Bitte schicken Sie uns per Email die Rezepte zu, wir senden Ihnen im Gegenzug die Rechnung."
Ich muss der Kinderwunschklinik vertrauen, die ich ebenfalls nur über Skype kenne, dass ich es mit einer seriösen Adresse zu tun habe.
"Gut." sage ich "wann kommt die Lieferung denn an?"
"Wenn wir den Zahlungseingang auf unserem Konto sehen, ..."
Verstehe!
"... schicken wir die Medikament mit einem Paketdienst los. Die Lieferung dauert meistens 48 Stunden. Sie müssten an diesem Tag zu Hause sein, denn die Hormone sollten gekühlt gelagert werden."
"Aha." Es kostet mich auch noch einen Tag URLAUB, arghhhhhhhhh. Na gut, dafür kann die Dame am Telefon nichts.
"Wenn Sie noch Fragen haben, können Sie uns gerne noch einmal anrufen."
"Vielen Dank erstmal. Auf Wiederhören."
Am letzten Sonntag, pünktlich am 28ten Zyklustag, hat meine Regelblutung eingesetzt. Es sind also noch sechszehn Tage bis das neue Abenteuer beginnt.
Fortsetzung: Das unerwartete Angebot
Ich hoffe, mit diesem Artikel noch an einer Festnahme vorbei zuschliddern. Aber macht Euch auf den Artikel gefasst, der die Umgehung des Deutschen Embryonenschutzgesetztes im Detail beschreibt. Dann brennt in der Deutschen Kinderwunsch-Szene die Luft.
*Ich habe im Internet gelesen, dass der Arzneimittelbezug aus einem EU Land für den Privatgebrauch legal ist. Die Quelle war jedoch nicht seriös.
**Die gleiche Quelle besagt, dass die Krankenkassen diese Rechnungen nicht anerkennt. Hierbei müssen wir uns wohl überraschen lassen.
Freitag, 24. Juni 2011
Post von der Ver-Sicher-ung
„Endlich Wochenende.“ geht es mir heute schon zum fünften Mal durch den Kopf. Es scheint ein automatisierter Gedanke eines jeden Angestellten zu sein, sobald der letzte Tag der Arbeitswoche anbricht. „Allerdings hat sich der Start ins Wochenende schon mal besser angefühlt.“ rümpfe ich vor mich hin, als ich platschnass die Haustür aufschließe, meine vollen Einkaufstüten auf dem reinigungsbedürftigen Boden abstelle und mir die Post aus dem Briefkasten entgegen quillt. „Das ist kein Sommer, das ist eine Frechheit.“
Post im Briefkasten fasziniert mich. Täglich schließe ich unser Fach mit einer kindlichen Verzückung auf, als würde ich darin eine große Erbschaft vorfinden oder die Benachrichtigung über einen Sechser im Lotto. Seit fast zwanzig Jahren öffne ich dann entweder Rechnungen oder unerwünschte Werbesendungen oder beides. Heute blitz mir zwischen Rechnungen und Werbesendungen das Logo meiner Krankenkasse entgegen. Bevor ich noch meine Jacke ausgezogen habe, öffne ich den Brief und taufe den Betreff „Behandlerwechsel“ mit einem fetten Regentropfen.
„Wow, die sind schnell.“ denke ich und freue mich auf Neuigkeiten. Ich hatte erst am Mittwoch den Kostenvoranschlag mit der Bestätigung über die Einhaltung der Deutschen Gesetzte an meine Krankenkasse gefaxt. Neugierig fliegen meine Augen über die ersten Zeilen.
"Deutsche Gesetze müssen unbedingt eingehalten werden.“ .. bla bla ..„Deutsches Embryonenschutzgesetzt muss zwingen beachtet werden.“ … bla bla…
„Nachbarländer wie Österreich erlauben im Rahmen der künstlichen Befruchtung andere Maßnahmen“.. bla bla.
Und dann kommt der wirklich wichtige Satz:
„Sollte sich nach der durchgeführten Behandlung herausstellen, dass ausschließlich Maßnahmen durchgeführt wurden, die auch alle nach Deutschem Recht maßgeblichen Vorraussetzungen erfüllen, kann eine Kostenbeteilung erfolgen. Wir wünschen Ihnen für die bevorstehende Behandlung viel Erfolg.“
Dieser Brief ändert nichts an unserer Entschlossenheit in Österreich ein Baby zu zeugen.
Fortsetzung: Der EU-Hormon-Express!
Mittwoch, 22. Juni 2011
Baby-Projekt-Management
Die Unterlagen der Wiener Kinderwunschklinik schlagen vor, dass die Frau ab Zyklustag elf Vorort sein soll. Der Mann wird nur am Tag der Punktion ‚gebraucht’. Die Punktion ist für den 13ten oder 14ten Zyklustag eingeplant und der Blastozysten**-Transfer findet spätestens fünf Tage danach statt. Das bedeutet, dass ich eine Unterkunft für zirka acht Tage finden muss. „Ein Hotel fällt bei diesem langen Aufenthalt wohl weg.“ denke ich und klappe den quietschenden Bildschirm meines Laptops hoch. „Mal sehen, was mein Freund, das Internet für Alternativen kennt…“
Nachdem ich eine Studenten-WG und ein Zimmer im Seniorenheim für uns ausgeschlossen habe, finde ich eine interessante Webseite die „Wohnen auf Zeit“ anbietet. Hier kann man möblierte Wohnungen für ein paar Monate aber auch für eine Woche anmieten. Es gibt ein paar schnuckelige Buden für 30 Euro pro Nacht, bzw. 200 Euro pro Woche. Ich fülle das Online-Formular aus und frage die Verfügbarkeit von zwei, drei Wohnungen an die recht zentral liegen. Zufrieden mit meiner Online-Recherche quietsche ich mein Laptop wieder zu und lehne mich entspannt zurück. „Für den Flug an Zyklustag elf, müsste ich jetzt nur noch wissen, wann ich meine Tage bekomme.“
Fortsetzung: Post von der Ver-Sicher-ung
*Mit der Downregulierung unterdrück man die Hormonproduktion der Hirnanhangsdrüse und verhindert damit, dass der Eisprung eintritt.
** Blastozyste nennt man das Stadium bei der Embryoentwicklung, bei dem der Embryo bereits mehere Hundert Zellen hat und die Einnistung in die Gebärmutter unmittelbar bevor steht.
Montag, 20. Juni 2011
Abrechnungsfragen
"Sie müssen einen 'Behandlerwechsel' beantragen und den Kostenvoranschlag beilegen. Außerdem benötigen wir eine Bestätigung der Klinik in Österreich, dass sie die Deutschen Gesetze einhält. Zusätzlich benötigen wir einen Nachweis, dass sie in Deutschland erst zwei von den drei genehmigten Versuchen vorgenommen haben." antwortet der Versicherungsberater in einem ähnlich sachlichen Ton wie ich.
Fortsetzung: Baby-Projekt-Management
Samstag, 18. Juni 2011
Das Vorgespräch
Um Punkt 10 Uhr wähle ich meinen neuen Skype-Kontakt an - den der Kinderwunschklinik in Österreich. Tuuuuut. Tuuuuuut. Das Gespräch wird von der Gegenseite angenommen. Eine Sekunde später sehe ich einen hellen Besprechungsraum mit einem weißen Tisch, einer weißen Wand, der weißen Artzthelferin (das muss Frau Schilcher sein) und einem weißen Prof. Dr. Kaiser, der gerade den Raum betritt. "Ich habe die richtige Nummer gewählt." geht es mir durch den Kopf. Sogar der Ton funktioniert, denn ich höre ein klinisch sauberes: "Guten Morgen Herr und Frau Fruchtig. Wie geht es Ihnen?"
Nach einer netten Aufwärmphase, lenkt Prof. Dr. Kaiser das Gespräch zielstrebig auf die bevorstehende Behandlung. Er erklärt mir die genaue Dosis der Hormone, die er mir verschreiben möchte und warum. Ich gebe ihm zusätzliche Details zu den Verläufen der letzten Behandlungen, die er sich interessiert anhört und die er in die Planung mit einbezieht. "Er nimmt mich ernst", denke ich während des Gesprächs und freue mich. Auch sonst fühle ich mich wohl, da ich alles verstehe was Prof. Dr. Kaiser uns erzählt.
Nachdem der medizinische Teil abgeschlossen ist, besprechen wir mit Frau Schilcher die nächsten Schritte. Wir bekommen heute noch einen Kostenvoranschlag geschickt, den wir bei unserer Krankenkasse einreichen können. Wenn das finanzielle Vorgehen geklärt ist, kann die Behandlung beginnen. Schließlich fragt Frau Schilcher ob mein TPHA-Wert in der letzten Zeit bestimmt worden ist. Das bedeutet so viel wie: "Leiden Sie unter einer Syphilis-Infektion?" und muss in Österreich vor Behandlungsbeginn geklärt sein. Da ich die Frage verneine, steht wohl auch noch ein Termin bei meinem Hausarzt an. Nach circa einer Stunde beenden wir das Videotelefonat. Zurück bleibt ein guter Eindruck einer modernen Klinik, das Gefühl einer Rest-Distanz, aber auch die Klarheit über die nächsten Schritte auf dem Weg zu unserem kaiserlich-königlichen Wunschkind.
Montag, 13. Juni 2011
Funkturm der Gefühle
"Die Verfasserin der Email muss eine Verkaufsschulung hinter sich haben.", stelle ich beim Überfliegen der Nachricht fest. Oft nennt Sie meinen Namen, in der Anrede bin ich die 'Liebe Frau Fruchtig' und am Ende sendet sie mir noch 'Herzliche Grüße aus Wien'. Die Formulierungen verfehlen ihre Wirkung nicht. Jetzt schon mag ich die Dame, die Klinik und die Stadt. Die Faszination eines neuen Versuchs packt mich und schleift mich hinauf auf den Funkturm meiner Gefühle. Er sendet die Nachricht des Tages in Frankas Welt: "Es geht wieder los!"
Während ich die Email ein zweites Mal lese, kapiere ich auch deren Sachinhalt. Die nette Dame, die ab sofort meine persönliche Betreuerin ist, heißt Fräulein Schilcher. Sie schlägt uns ein paar Termine für das Erstgespräch vor. Sogar am nächsten Samstag wäre ein Gespräch möglich. Das gefällt mir. Ich schicke Noerd den Samstagstermin per Skype zu. Innerhalb weniger Sekunden bekomme ich ein "OK, Babe." und einen Smiley zurück. Tolle Technik!
Diese Technik erspart uns eine Wien-Reise; also viel Zeit und Geld. Toll? Sehen wir der Realität des digitalen Zeitalters mal ins Auge: Seit dem Skype im Mai von Microsoft übernommen wurde, könnte Bill Gates unser Video-Gespräch mit dem österreichischen Kinderwunsch-Doktor mitschneiden und sich anschauen. Er wüsste dann Dinge über mich, die ich lieber geheim hielte. Technisch möglich wäre es. Insgeheim hoffe ich, dass er seine Software-Ingenieure zunächst auf Larry Page und Steve Jobs ansetzt und dass 'das Netz' unser Gespräch am Samstag wieder 'vergisst'. Mit einem Rest-Unwohlsein schicke ich die Terminbestätigung für Samstag an Frl. Schilcher.
Fortsetzung: Das Vorgespräch
Freitag, 10. Juni 2011
Land der Berge, Land der Babys
Montag, 25. April 2011
Franka im Wunderland
Die letzten vierzehn Tage habe ich in Franka's Wunderland verbracht, in dem es das Problem der ungewollten Kinderlosigkeit nicht gibt. Ich habe verdrängt, dass wir seit Jahren erfolglos versuchen auf natürliche Weise ein Kind zu bekommen. Ich habe fest daran geglaubt, dass sich in diesem Monat die Natur und die Liebe durchsetzen. Ich fühlte mich jung, mit ausreichend Zeit für unseren Kinderwunsch. Ich war gedanklich weit weg von einer künstlichen Befruchtung; stattdessen war ich bereit für das Wunder in meinem Leben.
Grund dafür ist wohl, dass der Arzt nie gesagt hat: "Bei Ihnen wird es leider auf natürlichem Wege nicht klappen." Ohne diesen entgültigen Befund ist ein Optimist - wie ich es einer bin - gefährdet. Wir haben uns in den letzten Monaten gesünder ernährt, auf unsere Körper geachtet und Sport getrieben. Mein Mann hat aufgehört zu rauchen und tatsächlich haben sich unsere Bedingungen messbar gebessert. Äußerlich sehen unsere inneren Werte ganz gut aus! Nicht so gut wie bei einem Paar Mitte zwanzig aber auch nicht hoffnungslos.
Die Schwerkraft der ersten Bluttropfen zerren mich herunter von dieser Wolke - auf den Boden der körperlichen Tatsachen. Ich bin nicht schwanger. Mein Körper scheint diese weibliche Grundfunktion vergessen zu haben. Die Blutung ist dieses Mal so stark, als wollte sie mich für meine Naivität der letzten 14 Tage verhöhnen. "Hast Du wirklich gedacht, diesesmal klappt's? Mädchen, es funktioniert seit Jahren nicht. Komm runter von Deiner Wolke!"
Jetzt wache ich auf. Ich bin Franka. Ende dreizig. Infertil.
Mittwoch, 13. April 2011
Warten auf Lust
Das ist doch paradox. Angestrengt suchen meine Gehirnwindungen nach Auswegen aus dieser widersprüchlichen Situation. Ich liebe meinen Mann. Er ist echt sexy! Wo bleibt dieses Zucken in meinem Unterleib, das sich in Leidenschaft verwandelt, wenn ich die nackte Haut von Noerd spüre? So, jetzt küsse ich einfach mal seinen Hals und atme diesen leckeren Duft ein." Mein Mann riecht nämlich überall nach Trüffel. Hmm, ist das lecker. Und seine Haut ist so warm und weich...
"Ich freue mich auf unseren Wochenendausflug", sagt er plötzlich. Wir haben geplant ein verlängertes Wochenende auf einer Ostfriesischen Insel zu verbringen.
"Das Wetter soll schön werden und dann können wir stundenlang spazieren gehen."
Ich lächle.
"Ja, und ich kann in Ruhe einen Artikel schreiben.", gebe ich zurück.
"Die Inselkneipen, sollen es in sich haben." sagt Noerd, "ohne den einen oder anderen Friesen-Schnaps, lassen uns die Insulaner nicht wieder raus."
"Ui, ui, ui, das kann ja heiter werden. Ich will aber auch eine Full-Body-Relax-Massage buchen!"
Ach, herrje!
Lies hier, was 14 Tage später passierte.
Freitag, 18. Februar 2011
Die Aussprache
"Warum hat es nicht geklappt?", steht ganz oben auf der Liste. Obwohl ich die Antwort schon weiß ("Das kann man nie genau sagen. Die Unreife der Eizellen könnte ein Indiz sein, aber es kann auch einen ganz anderen Grund haben."), werde ich die Frage trotzdem stellen. Quasi als Gesprächseröffnung. Eigentlich erhoffe ich mir von dem Termin heute eine Perspektive. Was kann man beim nächsten Versuch besser machen? Wie sah eigentlich das Spermiogramm von Noerd aus? Was hat die IMSI* gebracht? Was kann man tun, um die Eizellreife zu verbessern? Ich habe auch ein paar kritische Fragen im Gepäck, sowie: "Hätte man zu Beginn des Zyklus schon sehen können, dass sich an einem Eierstock keine Follikel bilden?" Und: "Hätte man zu diesem Zeitpunkt besser abgebrochen, um unseren Geldbeutel zu schonen?"
Ich fühle mich ein wenig wie vor einem wichtigen Geschäftstermin mit einem Lieferanten, von dem ich abhängig bin, der aber beim letzten Mal leider nicht die vereinbarte Ware geliefert hat. Nur fünf Minuten nach zwölf werden wir aufgerufen. Das ist Wartezimmer-Rekord. Im guten Sinne.
"Guten Tag, Herr Fruchtig. Guten Tag, Frau Fruchtig. Es tut mir leid wegen Montag. Es war einfach so viel los und ich wollte das Gespräch in Ruhe mit Ihnen führen." Klarer Punkt für ihn.
"Ich war selber enttäuscht, als ich das Befruchtungsergebnis gesehen habe. Nur drei Eizellen waren reif, eine davon ist bei der ICSI kaputt gegangen, und die zwei übrigen haben sich nicht befruchten lassen."
"Wie bitte?" denke ich, "Mein Kind ist bei der Injektion verreckt?" Punktabzug für's Labor!
"Ich schlage für den nächsten Versuch ein so genanntes "langes Protokoll" vor. So können wir vielleicht eine bessere Eizellreife erreichen. Außerdem sollten wir die Situation ganzheitlich betrachten. Haben Sie Stress, Frau Fruchtig?"
"Hm. Na, ja. Die negativen Schwangerschaftstests und die Enttäuschung sind Stress. Ansonsten bin ich ein eher entspannter Mensch." Punkt für mich?
"Vielleicht probieren Sie mal Traditionell Chinesische Medizin (TCM). Das entspannt den ganzen Körper und speziell die Eierstöcke. Entspannung ist wichtig für eine gute Durchblutung. Wenn die Eierstöcke gut durchblutet sind, wirken die Hormone besser." Definitiver Kostenpunkt für mich.
"Hätte man nicht vor der Punktion abbrechen müssen?" frage ich dann frei heraus?
"Bei zehn Eizellen bricht man nicht ab, Frau Fruchtig. Andere Frauen haben nur eine Eizelle pro Versuch."
Erst nach einer Stunde verlassen wir das Besprechungszimmer. Wir haben Antworten auf alle unsere Fragen bekommen. Der Arzt hat sich außergewöhnlich lange Zeit genommen. Ich bin innerlich vollends mit ihm versöhnt. Der nächste Versuch soll im April starten und zwar vor Zyklustag eins. Bereits einige Tage vor Eintreten der Regel will er meine körpereigenen Hormone unterdrücken. Warum habe ich nicht wirklich kapiert. Bis dahin sind es noch zwei Monate. So ganz nebenbei haben wir erfahren, dass das letzte Spermiogramm von Noerd, das für die ICSI automatisch angefertigt wird, außergewöhnlich gut war. Die Erlebnisse der nächsten Wochen werde ich daher nicht im Detail dokumentieren .. ;)
*IMSI = Intrazytoplasmatische Morphologisch Selektierte Spermien Injektion. Hierbei werden mittels 6500-facher Vergrößerung unter dem Mikroskop die besten Spermien für die ICSI ausgesucht. Der Spaß kostet pro befruchteter Eizelle ca. 200 €.
Montag, 14. Februar 2011
Der nachträgliche Abbruch
Nachdem ein paar Minuten vergangen sind, werden wir in ein Besprechungszimmer gebeten. Zu unserer Überraschung treffen wir dort nicht den Arzt an, sondern eine Sprechstundenhelferin.
"Der Herr Doktor hat heute leider keine Zeit für eine Besprechung. Er bittet Sie einen Termin für Freitag auszumachen, um alles ausführlich zu besprechen."
"Man hat uns am Telefon gesagt, dass wir gegen zwölf Uhr kommen sollen. Wir sind jetzt beide aus dem Grund in der Mittagspause hier her gefahren. Bitte fragen Sie noch einmal nach.", sagte ich freundlich aber bestimmt.
"Es geht heute leider nicht. Es tut mir leid. Mehr kann ich jetzt auch nicht für Sie tun.", sagt die Dame und verlässt das Zimmer mit einem Gesichtsausdruck der - für meinen Geschmack - ein nicht ausreichend schlechtes Gewissen zeigt.
"Das gibt es doch nicht, jetzt schmeißen uns die hier einfach unvermittelt raus.", sage ich zu Noerd als wir das Besprechungszimmer verlassen.
"Ja, und diese Termine bringen kein Geld." füge ich noch bitter hinzu.
"Was machen wir jetzt?", frage ich Noerd.
"Einen Termin für Freitag.", sagt er.
"Ich will aber noch mal eben in die Abrechungsstelle. Ich würde die gerne etwas fragen. Kommst du noch mit?"
"Na klar.", sagt er und legt seine Hand in meine.
"Ja, das habe ich gerade gesehen. Es tut mir sehr leid." antwortet die Dame.
"Ist es möglich, diesen Versuch der Krankenkasse noch irgendwie als 'abgebrochen' zu deklarieren?"
"Hm," sagt die Dame, "das ist theoretisch möglich".
Mein Herz hüpft.
"Sie müssten allerdings ein paar Leistungen aus der eigenen Tasche bezahlen."
"Ja, das ist klar. Aber, dann hätten wir doch noch einen Krankenkassen-finanzierten Versuch übrig, oder?"
"Ja, das ist richtig. Ich könnte ihnen mal schnell ausrechnen wie viel das ausmacht."
"Das wäre nett."
"Ok, so machen wir's.", gaben wir kurzentschlossen zurück und ich spüre, wie die Erleichterung in mir aufsteigt.
Als wir die Kinderwunschklinik verlassen, geht es mir gut. Es ist noch nicht alles gelaufen. Wir werden es noch einmal probieren, und beim nächsten Mal klappt's!
Der Anruf
“Kinderwunschklinik, guten Tag. Was kann ich für Sie tun?”
“Franka Fruchtig, guten Morgen. Ich habe heute Nachmittag einen Termin für den Transfer. Bevor ich arbeiten gehe, wollte ich mich kurz vergewissern, dass alles in Ordnung ist und dass es bei dem Termin bleibt?”
“Ich schaue gern für Sie nach. Sagen Sie mir bitte Ihr Geburtsdatum?” antwortet die nette Dame in der Telefonzentrale.
“Erster erster neunzehnhundertzweiundsiebzig.”, gebe ich bündig zurück.
“Hmhm, ja. Einen kleinen Moment bitte.”
“So. Hören Sie, Frau Fruchtig?” kommt die rhetorische Frage aus der Leitung.
“Ja?” gebe ich hoffnungsvoll zurück.
“Leider haben sich keine der zehn Eizellen befruchten lassen. Damit fällt dann auch der Termin für den Transfer heute Nachmittag aus.”
“Keine Befruchtung?”, frage ich aus purer Hilflosigkeit, als würde es sich die Dame von der Kinderwunschklinik noch mal anders überlegen. Mein Gehirn war einfach noch nicht bereit, diese Nachricht zu akzeptieren.
“Nein, leider.”, ist die ernüchternde Antwort.
“Und was machen wir jetzt?”, schießt es unkontrolliert aus mir raus.
“Wollen Sie vielleicht einen Gesprächstermin mit dem Doktor ausmachen?” fragt die Dame zögernd.
“Ja”, sage ich, “am Besten so bald wie möglich. Können wir in der Mittagspause kommen?”
“Eigentlich hat Herr Doktor keine Termine frei heute. Wie wäre es mit Freitag?”
“Nein, Freitag ist viel zu spät. Ich hatte doch einen Transfertermin heute. Eine viertel Stunde muss er also zwischendurch Zeit haben.”, sage ich jetzt mit leichter Aggressivität in der Stimme. Das Gespräch mit dem Doktor scheint mir die einzige Möglichkeit, meine wirren, traurigen und entsetzten Gedanken zu ordnen.
“Hm. Vielleicht geht es so gegen zwölf Uhr. Sie müssten aber ein bisschen Zeit mitbringen.”
“Ok, ich komme um zwölf Uhr.” antworte ich.
Fortsetzung
Sonntag, 13. Februar 2011
Ei-Frei
“Bei der letzten ICSI-Behandlung habe ich mich am Tag nach der Punktion beraubt gefühlt.” beginne ich.
“Diese Mal ist es ganz anders. Ich empfinde es als Entlastung. Ich habe die Verantwortung abgegeben. Ich kann heute tun und lassen was ich will. Ich habe 'Ei-frei'!” sprudelt es fröhlich aus mir heraus.
“Na, wie wäre es dann später mir einem schönen langen Spaziergang durch die Sonne?” schlägt Noerd unternehmungslustig vor.
“Sehr gute Idee. Am Abend könnten wir etwas leckeres kochen und ich trinke ein Glas Wein dazu.” spinne ich den Tag weiter.
“Vielleicht wird es das letzte Glas Wein für eine lange Zeit.” füge ich noch hinzu und verdrehe verschwörerisch die Augen.
“Jetzt im Moment liegt eine Eizelle von mir verschmolzen mit einem Spermium von Dir im Brutschrank.”, sage ich und kuschele mich noch enger an Noerd.
”Den Gedanken allein finde ich schon irre schön.” füge ich noch hinzu. Noerd dreht sein Gesicht zu mir und lächelt mich an.
“Na, ich denke, dass da mehrere von der Sorte herumliegen.” antwortet Noerd nach einer Weile und schaut dann wieder an die Zimmerdecke.
“Also von zehn Eizellen könnten vielleicht fünf reif sein. Maximal sechs bis sieben. Aber ich gehe eher von weniger aus.”, gebe ich zurück.
“Sicher werden es nicht viel mehr als drei Embryos.” schließe ich die Wahrscheinlichkeitsrechnung ab und hoffe auf einmal, dass es überhaupt drei Embryos werden. Ein kleiner Kummerknoten schnürt sich in der Gegend meines Magens zusammen. Zum Glück findet mein Liebster in diesen Momenten immer die richtigen Worte:
“Wir sollten ein Bild an die Schlafzimmerdecke hängen.”, sagt er und lächelt mich an.
Es wurde ein wunderschöner Sonntag.
Fortsetzung
* Germanischer Gott der Schifffahrt, des Reichtums und der Fruchtbarkeit.
Samstag, 12. Februar 2011
Spenden ohne Quittung
"So, dann kommen Sie jetzt bitte mit mir!", lautet die beherzte Aufforderung der Assistentin an meinen Mann. Sie weiß es. Ich weiß es. Und er weiß es natürlich. Mein Mann geht jetzt masturbieren. Das gehört zur Kinderwunschbehandlung dazu. Aber immerhin ist es für einen guten Zweck! Es gibt dafür einen extra hierfür eingerichteten Raum, in dem man ein Erotikvideo oder ein Erotikmagazin konsumieren kann, um an einem Samstag morgen um halb 10 ein wenig in Stimmung zu kommen. Bis jetzt hat es jedesmal geklappt! Wir geben uns schnell noch einen viel zu kurzen Abschiedskuss, dann ist mein Mann weg. Durch den Rest muss ich alleine durch.
Die Routine beruhigt und erschreckt mich zugleich. Ich weiß, wie alles läuft. Ich kenne den Raum in dem die Punktion stattfindet, sowie den Aufwachraum und welche Kekse man dort bekommt. Auch bei der geschäftlichen Abwicklung, bei der nun ich an der Reihe bin, gibt es keine Überraschungen mehr. Auf den Formularen ist Platz für vier Unterschriften: 1. Versuch, 2. Versuch, 3. Versuch und 4. Versuch. "Wahrscheinlich sind das Formulare aus den Zeiten, in denen die Krankenkassen noch vier Behandlungen unterstützt haben.", denke ich. In Zeile eins, zwei und drei steht nun meine Unterschrift. "Es ist der letzte Versuch", schießt es mir noch einmal durch den Kopf und auf einmal ist nichts mehr Routine.
Im Operationsaal begrüßt mich die nette Narkoseärztin, mit der ich gestern das telefonische Vorgespräch geführt habe. Ich ziehe mich untenrum aus und lege meine Unterhose zuletzt auf den Kleidungsstapel. Die Unterhose wird mir später, während ich noch in der Narkose bin, wieder angezogen. Es liegt ein Duft von Frangipaniblüten in der Luft. Um dem Doc die Wochenendarbeit zu versüßen, habe ich mein Schamhaar etwas gestutzt und meine Oberschenkel mit Frangipanibutter eingeölt. Ich werde wohl nie erfahren, ob er den Duft dieser schönen Blüten eigentlich mag.
Dieses mal setze ich durch, dass man meine Paradevene an meinem rechten Arm für die Narkose ansticht. Beim letzten Mal hat man trotz meines Protests den linken Arm genommen und prompt bin ich mit einem beträchtlichen Hämatom aus der Narkose aufgewacht. "Doktor Pflanzfort, die Patientin in OP 2 ist für die Punktion bereit." gibt die Assistentin jetzt über einen Hauslautsprecher bekannt, den nur die Ärzte hören. Als mein Doc den OP betritt, bin ich noch wach und er fragt mich wie es mir geht. An das, was ich geantwortet habe, kann ich mich nicht mehr erinnern.
Man wacht erst so richtig auf, nachdem man schon ein paar Meter mit Untrstützung der Narkoseärztin zum Aufwachraum gelaufen ist. Dort wartet mein Liebster auf mich und ich freue mich. Später erzählt er mir, dass ich in den ersten Minuten alles zweimal gesagt habe. Die ersten Worte waren wohl: "Schön, dass Du da bist.", gefolgt von "Habe ich meine Unterhose an?". Schon nach ein paar Minuten bin ich wieder komplett da. Es geht mir gut. Ich habe überhaupt keine Schmerzen, aber ich weiß, dass die später noch einsetzen können. "Scheint gut gelaufen zu sein." denke ich, als mein Doc zur Abschlussvisite reinspaziert.
"Gucken Sie mal, ich habe zehn schöne Eizellen gefunden." gibt er stolz von sich und zeigt uns das Punktionsprotokoll. Daneben steht kurz und bündig: "Sperma Mann: OK." Damit sind für die Kinderwunschklinik alle Vorraussetzungen erfüllt, um sich über das Wochenende mit unserer Reproduktion zu beschäftigen. Alle sind zufrieden und gegen 11 Uhr verlassen wir die Klinik. Eigentlich hatte ich mir für den Tag nichts vorgenommen, aber nachdem es mir so gut geht, entscheiden wir uns spontan für ein leichtes Lebensmittelshopping-Programm. Den ganzen Tag bleibe ich fast schmerzfrei. Das versöhnt mich vollends mit meinem Doc, der doch zu wissen scheint, was er tut. Am Abend schaue ich mir mit Spannung die erste Wetten-Dass Sendung nach dem schweren Unfall an und gehe leicht unterhalten zu Bett. Das war ein guter Tag im Kinderwunschwahnsinn.