Donnerstag, 21. Oktober 2010

Das Geschäftliche

Heute ist der einundzwanzigste Zyklustag. Seit meinem Transfer sind erst zwei Werktage vergangen. Trotzdem finde ich heute Morgen bereits die Abrechnung der Kinderwunschklinik im Briefkasten vor. "Die sind ja ganz schön schnell.", denke ich mir. Die Rechnungen müssen am Tag des Transfers oder am nächsten Tag rausgeschickt worden sein. Das Lächeln des Doktors bekommt plötzlich einen bitteren Beigeschmack. Fünf Rechnungen liegen auf unserem Küchentisch, die wir zwar alle erwartet haben, die aber alle auf einmal mehr ausmachen, als unser Konto momentan verkraften kann. Jetzt erinnere ich mich erst bewusst daran, dass ich für alle Behandlungen am Tag der Punktion unterschrieben habe. Die ICSI-Behandlung, das Einfrieren, das Assisted Hatching, und zwei Bluttests. 

Ich hatte es die letzten drei Wochen ignoriert, dass die Kinderwunsch-Behandlung nicht nur eine emotionale Belastung wird, sondern auch eine finanzielle. Die teuren Hormone haben unser Konto bereits leer gefegt und da der Monat leider auch dieses mal vier lange Wochen hat, kommt erst nächste Woche 'frisches' Geld. Kleine Sorgenfalten legen sich auf mein Gesicht. Ich lasse die Rechnungen zu denen vom Schreiner und von der Stadt segeln, die mir einen Strafzettel fürs Falschparken verpasst hat, und hoffe, dass das nächste Gehalt auf wundersame Weise höher ausfällt als sonst.

Als ich mich gerade vom Rechnungsstapel wegdrehe, spüre ich ein ganz leichtes Zucken im Unterbauch.
"Was war das denn? Kenne ich dieses Gefühl schon?"
Nein, an ein solches Zucken in der Nähe der Gebärmutter kann ich mich nicht erinnern und mit dem Ziehen vor oder während der Regelblutung hatte dies keine Ähnlichkeit. Ich logge mich auf meinem Rechner ein und durchstöbere das Internet. Es ist unglaublich schwer, die richtigen Suchbegriffe zu finden. 'Zucken', 'Ziehen' und 'Schwangerschaft', liefert eine unbefriedigende Trefferliste für die Schwangerschaftswochen fünf und später. Was, zum Teufel, könnte man denn in Woche drei und vier spüren?

Dann endlich finde ich eine Erklärung, die sich plausibel anhört: "Die Gebärmutter weitet sich in der Frühschwangerschaft aus. Dies nehmen manche Frauen als Ziehen oder Zucken im Unterbauch wahr." "Das muss es sein!", denke ich und mein Herz schlägt schneller. "In den ersten Tagen wird das Geschlecht, Haar- und Augenfarbe festgelegt", lese ich weiter. Ich überlege, ob das Kind eher nach meinem Mann oder mir kommen würde und wie es wohl aussähe. Ich zwinge mich dazu diese Gedanken wieder zu verwerfen, denn ich weiß, diese Bilder vom süßen Nachwuchs treiben einen zur Verzweiflung, wenn der Schwangerschaftstest dann negativ ausfällt. Bis zum Bluttest sind es noch acht Tage. Eine gefühlte Ewigkeit!

(Fortsetzung: Zeichen oder Einbildung)

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