So muss es für Euch sein, meinen
Blog zu lesen. Das Buch „Ungestillte Sehnsucht – Wenn der Kinderwunsch uns umtreibt“
war der erste veröffentlichte Text, den ich
über Kinderwunsch gelesen habe. Und es tat mir gut. „Jedes fünfte Paar in
Deutschland ist ungewollt kinderlos“, dieses Zitat steht im ersten Artikel
meines Blogs. Aber die Zahl allein ist unpersönlich. Persönlich sind die Geschichten
der Menschen die hinter dieser Statistik stecken. Sie machen einem deutlich,
dass man nicht alleine ist. Millay Hyatt hat diese Geschichten
aufgeschrieben. Danke, Millay! Jedes Buch, jeder Blogeintrag, jede
Fernsehreportage, jedes öffentlich geführte Gespräch hilft uns aus unserer
Einsamkeit herauszukommen und aus dem Tabu „Ungewollte Kinderlosigkeit“ ein gesellschaftliches
Thema zu machen. Ein menschliches Thema.
Aber so weit sind wir leider noch nicht. Diese Woche wollte ich das Buch mit auf eine vierstündige Zugfahrt nehmen. Im letzten Moment entschied ich mich dagegen. Warum? Weil der Titel so „eindeutig“ ist. Alle Mitreisenden würden sofort ahnen, dass ich kinderlos bin. Ohne meinen Vornamen zu kennen, wüssten sie von meiner größten Verletzlichkeit. Ich habe kurz darüber nachgedacht, einen Einband zu basteln, aber dann käme ich mir vor, wie ein Mann der im Supermarkt eine "Auto, Motor und Sport" nur deswegen kauft, um sie an der Kasse über den Playboy zu legen. Ich ließ das Buch auf dem Nachttisch liegen.
„Ist das Buch gut für mich?“ habe ich mich nach der Hälfte gefragt. „Was macht das Buch mit mir? Ohne das Buch würde mein Kopf diese Gedanken gar nicht kennen. Es erweckt neue Vorbehalte die ich noch nicht kannte und fegt Zweifel weg, die unüberwindbar schienen. Es findet Schmutz in Ecken, die ich schon als „sauber“ abgehakt hatte und mein Magen signalisiert mir, dass ich zum entknoten desselben doch noch einmal zu meiner Therapeutin muss.“ Ich fühlte mich verunsichert.
Völlig aufgelöst war ich nach einem Kapitel, in dem eine junge Mutter beschreibt, wie sie schließlich mit einer Eizellspende aus Spanien schwanger wurde. „Oh, Gott. Das haben wir ja noch gar nicht probiert.“ schoss es mir durch den Kopf. „Sollen wir diesen Schritt noch gehen? Wir wollen uns doch später nicht vorwerfen, dass wir nicht ALLES versucht haben. Oder? Oder haben wir es nicht in Betracht gezogen, weil hier unsere persönliche Grenze ist? Weil wir einfach keine Kraft mehr haben, durch die nächste Tortur zu schliddern?“ Ich fühlte, dass ich den Wunsch nach einem leiblichen Kind noch nicht loslassen kann.
Schließlich fiel mir auf wie unterschiedlich die Wünsche und Ängste von uns Kinderlosen sind. Eine Frau berichtet wie stark ihr Wunsch ist, eine Schwangerschaft zu durchleben, das Kind im Körper zu spüren. Dieser Gedanke ist mir völlig fremd und wird es auch bleiben. Warum sollte ich mich nach 15 Kilo mehr Gewicht und dem Geburtsschmerz sehnen? Auch hier im Blog finden sich so viele verschiedene Ansichten zu: Traditionell Chinesische Medizin, künstliche Befruchtung im Ausland, Rauchen und fliegen während der Warteschleife, Leihmutterschaft. Das finde ich toll und dazu möchte ich, Franka Fruchtig, heute das Wunderbare verkünden: Jede von Euch hat recht! Vor allem Recht auf eine eigene Meinung, ganz individuelle Gefühle und Ängste. Erika Berger hat einmal zum Thema Liebe gewienert: „Redet’s, redet’s, redet’s darüber.“ Das sollten wir hier zum Thema Kinderwunsch tun. Redet, schreibt, lest, diskutiert, ja streitet Euch sogar. Das ist eine Aufforderung! Tod dem Tabu.
An einem schönen Tag,
an dem es kein Tabu mehr ist, können wir im Restaurant einfach sagen: „Für mich
bitte kein rohes Ei / rohen Fisch / Alkohol / Koffein / Rohmilchkäse / etc. ich
bin vielleicht schwanger.“ Dann wird der Kellner fragen: "Was heißt
denn vielleicht?" Darauf antworte ich: "Durch künstliche
Befruchtung, natürlich. Ich bin in der Warteschleife" Schließlich der
Kellner: "Ach so! Wie aufregend. Dann alles Gute. Bei meiner Kollegin hat
es auch geklappt...."
Aber so weit sind wir leider noch nicht. Diese Woche wollte ich das Buch mit auf eine vierstündige Zugfahrt nehmen. Im letzten Moment entschied ich mich dagegen. Warum? Weil der Titel so „eindeutig“ ist. Alle Mitreisenden würden sofort ahnen, dass ich kinderlos bin. Ohne meinen Vornamen zu kennen, wüssten sie von meiner größten Verletzlichkeit. Ich habe kurz darüber nachgedacht, einen Einband zu basteln, aber dann käme ich mir vor, wie ein Mann der im Supermarkt eine "Auto, Motor und Sport" nur deswegen kauft, um sie an der Kasse über den Playboy zu legen. Ich ließ das Buch auf dem Nachttisch liegen.
Schließlich habe ich
Millay’s Buch während der letzten Wochen abends im Bett gelesen. Ich fand darin
Themen, die mir sehr bekannt vorkamen, z.B. die Enttäuschung nach erfolglosen
Kinderwunschbehandlungen oder die Zweifel, als wir zum ersten Mal ernsthaft
über Adoption gesprochen haben. Der Satz "Wenn mal aber einmal in den Sog der Erfüllungsmaßnahmen geraten ist, kann es schwer sein zu erkennen, wie weit zu weit ist." passt wie die Faust auf's Auge zu meinem Artikel "Gebährmutter-Leasing". An ein paar Stellen dachte ich: „Gut, dass ich
das schon verarbeitet habe.“ und fühlte
mich bestärkt.
Dann wurde ich von Themen
überrascht, über die ich noch nie nachgedacht hatte, z.B. darüber welche Leere ein
Kind sein Leben lang fühlen muss, wenn seine eigene Mutter es nach der Geburt
weggegeben hat. „Meine Mutter wollte mich nicht.“ Dies trifft zu bei Adoption,
einem Pflegekind, sogar bei einer Leihmutterschaft. Der eigene Kinderwunsch war so groß, dass er
mir die Sicht auf das Wohl des Kindes verdeckt hat. Ich fühlte mich beschämt.
„Ist das Buch gut für mich?“ habe ich mich nach der Hälfte gefragt. „Was macht das Buch mit mir? Ohne das Buch würde mein Kopf diese Gedanken gar nicht kennen. Es erweckt neue Vorbehalte die ich noch nicht kannte und fegt Zweifel weg, die unüberwindbar schienen. Es findet Schmutz in Ecken, die ich schon als „sauber“ abgehakt hatte und mein Magen signalisiert mir, dass ich zum entknoten desselben doch noch einmal zu meiner Therapeutin muss.“ Ich fühlte mich verunsichert.
Völlig aufgelöst war ich nach einem Kapitel, in dem eine junge Mutter beschreibt, wie sie schließlich mit einer Eizellspende aus Spanien schwanger wurde. „Oh, Gott. Das haben wir ja noch gar nicht probiert.“ schoss es mir durch den Kopf. „Sollen wir diesen Schritt noch gehen? Wir wollen uns doch später nicht vorwerfen, dass wir nicht ALLES versucht haben. Oder? Oder haben wir es nicht in Betracht gezogen, weil hier unsere persönliche Grenze ist? Weil wir einfach keine Kraft mehr haben, durch die nächste Tortur zu schliddern?“ Ich fühlte, dass ich den Wunsch nach einem leiblichen Kind noch nicht loslassen kann.
Schließlich fiel mir auf wie unterschiedlich die Wünsche und Ängste von uns Kinderlosen sind. Eine Frau berichtet wie stark ihr Wunsch ist, eine Schwangerschaft zu durchleben, das Kind im Körper zu spüren. Dieser Gedanke ist mir völlig fremd und wird es auch bleiben. Warum sollte ich mich nach 15 Kilo mehr Gewicht und dem Geburtsschmerz sehnen? Auch hier im Blog finden sich so viele verschiedene Ansichten zu: Traditionell Chinesische Medizin, künstliche Befruchtung im Ausland, Rauchen und fliegen während der Warteschleife, Leihmutterschaft. Das finde ich toll und dazu möchte ich, Franka Fruchtig, heute das Wunderbare verkünden: Jede von Euch hat recht! Vor allem Recht auf eine eigene Meinung, ganz individuelle Gefühle und Ängste. Erika Berger hat einmal zum Thema Liebe gewienert: „Redet’s, redet’s, redet’s darüber.“ Das sollten wir hier zum Thema Kinderwunsch tun. Redet, schreibt, lest, diskutiert, ja streitet Euch sogar. Das ist eine Aufforderung! Tod dem Tabu.
P.S. Kennt ihr weitere
Bücher zum Thema Kinderwunsch, die Euch bewegt haben? Ich würde mich freuen in
den Kommentaren ein paar Lesetipps zu finden, damit nicht der Eindruck entsteht ich möchte für ein spezielles Buch Werbung machen.
Liebe Franka,
AntwortenLöschenliebsten Dank für Deine Antwort! Mir (uns) geht es jetzt wieder gut - wir hatten nach drei erfolglosen ICSI's jetzt fast 1 1/2 Jahre Zeit, das Erlebte zu verarbeiten und Abschied von dem Wunsch zu nehmen, ein eigenes Kind zu haben. Als ich heute morgen Deinen neuen Blogeintrag über das Buch las, die Zitate und Deine Gedanken dazu, verspürte ich kurz einen "Stich". Das lag in erster Linie daran, dass mir bewusst wurde, dass uns Alle dieselben Fragen und Gedanken zu dem Thema umtreiben - teilweise sogar wortwörtlich. Mein zweiter Gedanke war dann aber ein anderer: Ich merke, dass es mich immer noch angeht, immer angehen wird, aber nicht mehr mit dieser emotionalen Wucht, wie noch vor einem Jahr. Ich zweifle nicht mehr an mir, ich hadere nicht mehr mit meinem Körper, der Welt an sich und den Fähigkeiten meiner Ärzte. Ich beneide nicht mehr jeden Menschen, der einen Kinderwagen vor sich herschiebt und bin sogar ein bisschen froh, dass ich heute auf Dienstreisen fahren kann, ohne mir darüber Gedanken zu machen, wie ich meine Spritzutensilien vor meinen Kollegen verstecke und meine Medikamente kühle. In der Konsequenz wird der Kinderwunsch immer etwas bleiben, was mehr Traurigkeit in unser Leben gebracht hat - das ist das, was übrig bleibt. Manchmal mehr, manchmal weniger. Und wenn das "mehr" überwiegt, versuche ich es wegzulachen. Dann rufe ich eine befreundete (thematisch eingeweihte) Kollegin an und wir sprechen über eine gemeinsame Dienstreise und damit verbunden siebenstündige Autofahrt (mit weiteren Kollegen). Mangels Kühlakkus habe ich meine Medikamente dann mit zwei tiefgefrorenen Hähnchenbrüsten gekühlt, die mir die Mutter eines weiteren Kollegen dankbarerweise zur Verfügung gestellt hat. (Sie denkt heute noch, ich sei Diabetikerin, allerdings dann durch ein Wunder plötzlich und spontan geheilt). Die Tränen, die mir dann bei den Gedanken an solche Tage aus den Augen laufen sind ganz ehrliche Lachtränen... Ja, so geht es mir...
Die Buchpremiere mit Millay Hyatt zu "Ungestillte Sehnsucht" findet übrigens diesen Donnerstag, den 6. September 2012, um 20 Uhr in der Bibliothek am Wasserturm (Prenzlauer Allee 225) statt - und wir freuen uns über alle, die kommen!!!
AntwortenLöschenLiebe Franka,
AntwortenLöschenmir hat Baby-Alarm von Tom Feibner gut gefallen.
Ob es jemals besser wird? Gelassenheit heißt es immer, aber woher nehmen?
AntwortenLöschenHallo ich hätte Dir gern eine E-Mail geschrieben. Dein Fall bewegt mich sehr. Vielleicht hast du Lust an unserer Blogparade zum Thema „schwanger werden” - was tun, wenn es nicht gleich klappt teilzunehmen.
AntwortenLöschenMehr Infos hier:
http://trainyabrain-blog.com/2013/07/blogparade-juli-2013-thema-schwanger-werden-was-tun-wenn-es-nicht-gleich-klappt/