Montag, 25. April 2011

Franka im Wunderland

Obwohl wir genau einen Tag vor dem Eisprung Sex hatten, obwohl ich mir sicher war, dass es dieses Mal geklappt hat, obwohl ich gespürt habe, dass es ein Junge wird und wir ihm schon den Namen Wilhelm gegeben hatten und obwohl es in meinem Unterleib ganz anders gezuckt und gedrückt hat als sonst, hat heute meine Blutung eingesetzt.

Die letzten vierzehn Tage habe ich in Franka's Wunderland verbracht, in dem es das Problem der ungewollten Kinderlosigkeit nicht gibt. Ich habe verdrängt, dass wir seit Jahren erfolglos versuchen auf natürliche Weise ein Kind zu bekommen. Ich habe fest daran geglaubt, dass sich in diesem Monat die Natur und die Liebe durchsetzen. Ich fühlte mich jung, mit ausreichend Zeit für unseren Kinderwunsch. Ich war gedanklich weit weg von einer künstlichen Befruchtung; stattdessen war ich bereit für das Wunder in meinem Leben.

Grund dafür ist wohl, dass der Arzt nie gesagt hat: "Bei Ihnen wird es leider auf natürlichem Wege nicht klappen." Ohne diesen entgültigen Befund ist ein Optimist - wie ich es einer bin - gefährdet. Wir haben uns in den letzten Monaten gesünder ernährt, auf unsere Körper geachtet und Sport getrieben. Mein Mann hat aufgehört zu rauchen und tatsächlich haben sich unsere Bedingungen messbar gebessert. Äußerlich sehen unsere inneren Werte ganz gut aus! Nicht so gut wie bei einem Paar Mitte zwanzig aber auch nicht hoffnungslos.

Die Schwerkraft der ersten Bluttropfen zerren mich herunter von dieser Wolke - auf den Boden der körperlichen Tatsachen. Ich bin nicht schwanger. Mein Körper scheint diese weibliche Grundfunktion vergessen zu haben. Die Blutung ist dieses Mal so stark, als wollte sie mich für meine Naivität der letzten 14 Tage verhöhnen. "Hast Du wirklich gedacht, diesesmal klappt's? Mädchen, es funktioniert seit Jahren nicht. Komm runter von Deiner Wolke!"
Jetzt wache ich auf. Ich bin Franka. Ende dreizig. Infertil.

Mittwoch, 13. April 2011

Warten auf Lust

Seit Jahren wollen wir ein Kind. Wir wissen genau wann es zum Sexualakt kommen muss, damit meine Eizelle und Noerds Sperma eine Chance zur Vereinigung haben. Optimaler Zeitpunkt ist fünf Tage bis zwölf Stunden vor dem Eisprung. Die Spermien brauchen ein paar Stunden, bis den Weg zu Eizelle geschwommen sind. Es wird empfohlen, an jedem zweiten Tag in den fruchtbaren Tagen Geschlechtsverkehr zu haben. Heute ist einer dieser Tage.

Weil wir ja beide schon wissen was kommt, liegen wir bereits nackt nebeneinander im Bett. Vielleicht ist das ein Fehler. Wir warten auf die Lust. Das gegenseitige Ausziehen bereitet mir normalerweise Lust, aber den Teil haben wir übersprungen. Auch stellt sich die erotische Frage nicht mehr, ob es zum "Äußersten" kommt, oder ob es beim Schmusen bleibt. Es muss zum Sexualakt kommen.

In diesem Moment wünsche ich mir einen Quickie. Aus technischen Gründen verwerfe den Gedanken wieder, denn hierzu müsste meine V schon schön feucht sein und sein Glied bereits steif. Beides ist nicht der Fall. Hätte die Evolution hierfür doch einfach einen Knopf vorgesehen!

Ich schaue an die Zimmerdecke und will sagen: "Gar nicht so einfach auf Kommando Sex zu haben, oder?" Ich verwerfe den Gedanken schnell wieder, denn ich habe gelesen, dass Männer darauf mit Totalausfall des Geschlechtsteils reagieren.

Das ist doch paradox. Angestrengt suchen meine Gehirnwindungen nach Auswegen aus dieser widersprüchlichen Situation. Ich liebe meinen Mann. Er ist echt sexy! Wo bleibt dieses Zucken in meinem Unterleib, das sich in Leidenschaft verwandelt, wenn ich die nackte Haut von Noerd spüre? So, jetzt küsse ich einfach mal seinen Hals und atme diesen leckeren Duft ein." Mein Mann riecht nämlich überall nach Trüffel. Hmm, ist das lecker. Und seine Haut ist so warm und weich...


Peng! Da war er wieder, der Gedanke, dass die Lust kommen muss. Er schleudert mich unsanft raus aus dem Genuss, zurück auf meine 90cm-Betthälfte. Sex funktioniert nur mit Lust. Lust zu erzwingen geht nicht. Auf Lust zu warten, bedeutet keine zu bekommen. Ein Teufelskreis!

Ich schaue auf meinen Radiowecker. Es ist schon 23 Uhr. Eigentlich müsste ich jetzt schlafen (allein), damit ich morgen in der Arbeit fit bin. Ich starte einen zweiten Versuch. Jetzt küsse ich seinen Mund und schiebe meine Hand dabei langsam unter die Bettdecke. "Veilleicht einfach ein wenig massieren?", denke ich und wünsche mir die Teenager-Zeit zurück, wo diese offensichtliche Handlung jedes Glied im Umkreis von 20 Metern zur Erektion gebracht hätte.

"Ich freue mich auf unseren Wochenendausflug", sagt er plötzlich. Wir haben geplant ein verlängertes Wochenende auf einer Ostfriesischen Insel zu verbringen.
"Das Wetter soll schön werden und dann können wir stundenlang spazieren gehen."
Ich lächle.
"Ja, und ich kann in Ruhe einen Artikel schreiben.", gebe ich zurück.
"Die Inselkneipen, sollen es in sich haben." sagt Noerd, "ohne den einen oder anderen Friesen-Schnaps, lassen uns die Insulaner nicht wieder raus."
"Ui, ui, ui, das kann ja heiter werden. Ich will aber auch eine Full-Body-Relax-Massage buchen!"
"Das kann ich doch auch machen", sagt Noerd und beginnt meinen Nacken mit seinen starken und gleichzeitig sanften Händen zu massieren. Als ich mich zu ihm umdrehe, ist sein Gesicht ganz nah vor meinem. Ich spüre seinen Atem und schaue in seine wunderschönen, braunen Augen. Sein warmer Bauch berührt meinen..

Plop. Der Schalter hat sich umgelegt. Einfach so. Ich habe Lust. Er hat Lust. Wir haben großartigen Sex. Was war es? Kann man es für den nächsten Termin in zwei Tagen wiederbenutzen? Woher kam die Lust? Will ich es überhaupt wissen? Funktioniert es noch, wenn es mir bewusst ist?

Ach, herrje!

Lies hier, was 14 Tage später passierte.